Das Verhältnis Aschariyya und Maturidiya
Das Verhältnis Aschariyya und Maturidiya
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Insoweit wie es die Geschichte belegt, wurden unter dem Kalifat von Moawiya in der Islamischen Umma (das Glaubensvolk der Muslime) zwei Gruppen gesehen namens Alaviya und Uthmaniya, und danach wurde gemäß einer Angabe in der Zeit von Umar Ibn Abd al Aziz - und gemäß einer anderen Angabe zur Zeit der Abbassiden der Begriff Ahl-i Sunnah für die Uthmaniyas eingeführt, während die Alaviyas wie vorher Schiiten genannt wurden. Das Glaubensvolk der Muslime ist demnach generell in die beiden großen Glaubensrichtungen Schiiten und Sunniten aufgeteilt. Die Ahl-i Sunnah haben sich noch in viele auf scholastischer Theologie begründete Glaubensgruppen geteilt, von denen die bekanntesten die Mutazila, die Ahl-ul Hadith, die Aschariyya, die Maturidiya und die Wahhabiya sind, wobei die Glaubensgruppe der Mutazila aus dem Gegensatz zwischen den Ansichten der Chawaridsch und der Murdschia hervorging. Die sunnitische Gemeinschaft war, bevor sie sich aufgrund scholastischer Theologie in die Glaubensgruppen der Aschariyya und Maturidiya aufteilten, Anhänger der beiden Glaubensgruppen Mutazila oder der Ahl-ul Hadith, auch Hanbaliten genannt. Wegen der Gegensätze in der Überzeugung zwischen Mutazila und den Ahl-ul Hadith, begannen sunnitische Religionsgelehrte eine Reform ihrer Denkschule, insbesondere mit dem Beweggrund, diese gegenüber den Grundlagen der scholastischen Theologie der Mutazila zu verteidigen. Aus diesen Reformen ergaben sich zwei neue Glaubensgruppen namens Aschariyya und Maturidiya, so dass sich heute der Begriff Ahl us-Sunnah wa-l-dschama'ah ausschließlich auf diese beiden Glaubensgruppen bezieht. Der Begründer der Glaubensgruppe der Aschariyya war Abul-Hassan Ali Ibn Ismail Aschari. Er wurde 260 nach der Hidschra in Basra geboren und verstarb 324 n.d.H. in Bagdad. Bis zu seinem 40. Lebensjahr war er ein Schüler des Abu Ali Al Dschubbai Mutazila in Basra. Doch im Jahre 300 n.H. zog er sich von dieser Denkschule zurück und gründete er nach Vornahme einiger Reformen in der Lehre der Ahl- ul Hadith , eine neue Glaubensgruppe, die sowohl den Ahl-ul Hadith als auch den Mutazila gegenüberstand. In den sekundären religionsrechtichen Fragen (Furu Fiqh) richtete er sich nach der Schafiitischen Rechtsschule. Heute befolgen die meisten seiner Anhänger religionsrechtlich Imam Schafi`i. Die Glaubensgruppe der Maturidiya wurde zur gleichen Zeit wie die der Aschariyya von Abu Mansur Muhammad Ibn Muhammad Maturidi in Maturid, nahe Sarmakhand, gegenüber der Glaubensrichtung der Mutazila gegründet. Abu Mansur Maturidi (verst. 333 n.H.) war Anhänger Abu Hanifas und deshalb richtet sich die Mehrheit seiner Anhänger religionsrechtlich nach der Lehre von Abu Hanifa. Die Glaubensgruppen der Aschariyya und der Maturidiya haben zahlreiche gemeinsame Punkte. Beide fallen unter den Gesamtbegriff der Ahl-i Sunnah. In Bezug auf das Kalifat der Kalifen nach dem Propheten (s.a.a.s.) in derselben eingetretenen Abfolge, sind sie einer Meinung und ihre Meinung hinsichtlich der Herrscher der Umayyaden und der Abbasiden weist keinerlei Unterschiede auf. Auch in Bezug auf das Imamat decken sich ihre Ansichten in jeder Hinsicht. Beide Denkschulen stimmen darin überein, dass Gott ohne „Wie“ und Grenzen, ohne Dinge wie „Aufstehen“ und „Sitzen“ zu verstehen ist, was einen Gegensatz zu dem bildet, wovon die Haschuyya und die Ahl-ul Hadith überzeugt sind, nämlich dass genauso wie es bei sichtbaren Dingen gilt, auch Gott mit Qualitäten und Grenzen zu sehen sei. Auch vertreten die beiden Glaubensgruppen hinsichtlich des Wortes Gottes dieselbe Ansicht, nämlich dass Gottes Wort zwei Stufen einnimmt. Zum einen ist es „Kalam Nafsi“ (Gottes Wort in sich), welches es seit eh und je gegeben hat und zum anderen die Stufe des „Kalam Lafzi“ welches Hadeth , d.h. gesprochenes, in Buchstaben gefasstes Wort ist. Diese beiden Glaubensrichtungen denken in dieser Frage demnach anders als die Aussage der Mutazila , welche Gottes Wort nur als gesprochenes Wort betrachten und anders als die Ahl-ul Hadith, die Gottes Wort als ausschließlich seit eh und je gegeben sehen. Jedenfalls ist die Meinung der Aschariyya in einem großen Bereich von Überzeugungsfragen mit der Ansicht der Maturidiya identisch. Dennoch gibt es eine Reihe von Unterschieden hinsichtlich der theologischen Grundlagen beider Glaubensgruppen, welche sie voneinander verschieden werden lassen. Abul Hassan Aschari hat im Zusammenhang mit den Reformen und der Verbreitung der Überzeugung der Ahl-i Sunnah gegenüber den Mutazila die Lehre und Methode Imam Ahmad Ibn Hanbals gewählt. Er hat sich in den meisten Punkten für strikte Buchstabentreue entschieden und sich seltener auf Vernunft und Beweis gestützt. Aber Abu Mansur Maturidi wählte die Grundlagen von Abu Hanifa als Basis der scholastischen Theologie der Sunniten und bediente sich in größerem Maße des Vernunftschlusses. Aufgrund dieses wesentlichen Unterschiedes in ihrer Methode kam es zu Meinungsunterschieden in der Theologie der Maturidiya und jener der Aschariyya bezüglich einiger weiterer Punkte und deshalb ist der Weg der Maturidiya in gewissem Umfang vom Vergleich und der Verkörperung Gottes entfernter und kommt dem Gedanken der göttlichen Erhabenheit über die Schöpfung (Tanziyah) näher, aber der Weg Ascharis neigt zum Vergleich und zur Verkörperung. Der wichtigste Faktor zur Unterscheidung zwischen den sunnitischen Glaubensgruppen ist die Frage des rational empfundenen Guten und Bösen und sind die den Verstand und die rationalen Argumente betreffenden Angelegenheiten. Während die Glaubensgruppe der Mutazila als Symbol des rational empfundenen Guten und Bösen eingestuft wurde, folgt ihr in dieser Beziehung an zweiter Stelle die Anhängerschaft der Maturidiya und dann erst die Glaubensgruppe der Aschariyya. Die Gruppe der Haschuyya lehnt vollständig die Frage des rational empfundenen Guten und Bösen ab. Dabei sind die Wahhabiya eine erneuerte Form der Haschuyya und der Hanabila. Unterschiede zwischen Maturidiya und Aschariyya können wie folgt gegliedert werden: Aschari hält sich hinsichtlich der göttlichen Attribute , die im Koran oder der Überlieferung stehen (Sifat-i chabariya) an den buchstäblichen Sinn der Verse ohne jegliche Auslegung (in Form von Ta`wil) und ohne eigene Entscheidungsfreiheit des Menschen , während Maturidi die absolute Entscheidungsfreiheit des Menschen (Tafwiz) zwar anerkennt, jedoch die Auslegung in Form von Ta`wil ablehnt. Für Mutazila aber gilt diese Auslegung als Basis für die im Koran und in den Überlieferungen stehenden Attribute Gottes. Aschari betrachtet das Wissen über Gott aufgrund des Korans und der Sunnah als verpflichtend, aber Maturidi sieht darin wie Mutazila eine Notwendigkeit, die aus der Vernunft hervorgeht. Die Aschariyya sind, da sie die rational empfundene Ethik von Handlungen ablehnen, der Ansicht, dass dem göttlichen Handeln keine Absichten zugrundeliegen. Aber die Maturidiya sind davon überzeugt, dass die Handlungen Gottes auf guten Absichten (die zum Wohl gereichen) beruhen, denn die Maturidiya erkennen einige Stadien des rational empfundenen Guten und Bösen an. Aschari betrachtet die Handlungen des Menschen als Erschaffungen Gottes und sieht im Menschen ein „Gefäß“ für das göttliche Handeln und um dem Problem des absoluten Zwangs auszuweichen, spricht er von „Kasb“ (dem Erwerb von Handlungen) . Maturidi lehnt es ab, dem Menschen wie Mutazila absolute Entscheidungsfreiheit zuzusprechen, ist aber auch gegen den Zwang des Menschen (Dschabr) wie in die Ahl-ul Hadith und die Aschariyya sehen, sondern vielmehr der Überzeugung , dass das Handeln des Menschen sowohl von Gott geschaffen ist, als auch dass der Mensch Täter und der Erwerber seines Tuns (Kaseb-i F`el) sei. Bei den Aschariyya werden Gottes Eigenschaften wie bei Adliyah nach Eigenschaften des Wesens und des Tuns (Zati und Fe`li) unterschieden. Aber die Maturidi akzeptieren diese Unterscheidung nicht und betrachten die Eigenschaften des Handelns wie die Eigenschaften des Wesens als seit eh und je gegeben und ewig (Qadim und Azali). Die Aschariyya halten es nicht für ausgeschlossen, dass Gott den Menschen zu etwas verpflichtet, was seine Kräfte übersteigt (Taklif ma la yataq) , aber die Maturida schließen eine solche Verpflichtung aus . Die Aschariyya glauben daran, dass alles was Gott durchführt „Gutes“ ist (Husn). Aber die Maturida sind angesichts dem, was die Vernunft gebietet, der Ansicht dass Gott nie Unrecht (Zulm) begeht. Die Aschariyya und die Maturidiya bilden demnach zwar die Gesamtheit der Ahl-i Sunnah, sind jedoch trotz zahlreicher Gemeinsamkeiten in einigen Punkten, von denen hier ein Teil genannt wurde, auch unterschiedlicher Meinung. Quelle: Taghrib.ir
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